Michael Sasse

Bild von Michael Sasse im Porträt im Grünen Wahlkampfdesign. Oben Links steht "Michael Sasse, Personenstimme Nummer 8"

Das bin ich

Bild von Michael Sasse als Kind in einem Kinderrollstuhl in einem Faschingskostüm neben seiner Mutter Anna

Ich bin im Jahr 1989 in Prien am Chiemsee auf die Welt gekommen. Im Oktober desselben Jahres hatte ich einen schweren Autounfall, wodurch ich eine Querschnittslähmung im Bereich der Halswirbelsäule erlitt. Damals wurde meiner Mutter prognostiziert, dass ich niemals frei sitzen, schreiben oder selbst essen könne. Allerdings hat meine Familie und insbesondere meine Mutter diese Prognose nicht akzeptiert. Deshalb wurde ich mit gezielten Therapien und Förderungen soweit gefördert, dass ich in einem Rollstuhl sitzen, zumindest mit einer Hand greifen und letztlich mein Potential ausschöpfen konnte.

Kindergarten und Schule

Als die ersten Etappen erreicht waren sollte ich, um Kontakt zu anderen Kindern in meinem Alter zu bekommen, im Alter von 5 Jahren in den Kindergarten kommen. Hierfür mussten allerdings auch einige Hürden überwunden werden, da die Leitung des Kindergarten ein psychisches Attest von mir verlangte und sich meine Kindergartengruppe darüber hinaus, als einzige, im Keller befand. Als ich eingeschult werden sollte, wurde meiner Mutter nahe gelegt, dass es für mich besser sei, in eine Förderschule zu gehen, da ich dort besser therapiert werden könne und ich auch einen positiven Einfluss auf die anderen Schüler hätte. Durch den Einsatz meiner Mutter und die Bereitschaft einer Lehrerin mit Montessorierfahrung meine Klasse zu übernehmen, wurde ich trotz der Widerstände in eine Regelschule eingeschult. Während meiner Zeit in der Grundschule hat sich meine Mutter außerdem dafür eingesetzt, dass das damals in Planung befindliche Gymnasium in Raubling einen Aufzug erhält, damit auch Menschen mit physischen Beeinträchtigungen diese Schule besuchen können.

Wie sich herausstellte, lohnte sich dieser Einsatz, da ich im Jahr 1999 begann, als erster Schüler im Rollstuhl, das Gymnasium Raubling zu besuchen. Das Gymnasium schloss ich im Jahr 2008 erfolgreich mit dem Abitur und einer Durchschnittsnote von 1,7 ab. Anschließend wollte ich, wie die meisten Abiturient*innen, ein Studium beginnen.

Bachelorstudium

Ich entschloss mich in München zu studieren. Allerdings musste ich hierfür wieder einige Hürden überwinden. Einerseits wurde ich gleich bei meinem ersten Besuch an der Fakultät gefragt, ob ich nicht etwas anderes als ein naturwissenschaftliches Fach studieren wolle und andererseits konnte ich aufgrund meines hohen Pflegebedarfs nicht in einem Studentenwohnheim oder eine WG für Menschen mit Behinderungen wohnen. Stattdessen wohnte ich in einem Pflegewohnheim, von wo aus ich mit Zivildienstleistenden zur Universität fuhr. Leider kam es im Laufe der Zeit zu einem Konflikt zwischen der Krankenkasse und der Pflegeeinrichtung, da ich, trotz meines Aufenthalts in einer stationären Pflegeeinrichtung, regelmäßig an den Wochenenden nach Hause fuhr, weshalb die Krankenkasse nicht den vollen Betrag zahlen wollte.

Aus diesem Grund wechselte ich die Universität, zog wieder in mein Elternhaus ein, wo ich von meiner Familie gepflegt wurde, und studierte ab dem Jahr 2010 als erster Rollstuhlfahrer an der Universität Innsbruck Chemie. Dort war eine sehr engagierte Behindertenbeauftragte tätig, die ein Austauschprogramm für Studierende mit Behinderungen mit der Partneruniversität in New Orleans organisierte. Da dieses Programm sehr interessant war, bewarb ich mich und es wurde mir ermöglicht 2 Wochen lang mit einer Begleitperson und 6 anderen Studierenden mit Behinderungen, Washington D.C. und die University of New Orleans zu besuchen, was eine einzigartige Erfahrung war. Zudem stellte mir die Universität über ein Tutorenprogramm Hilfe für Laborpraktika zur Verfügung. An der Universität Innsbruck beendete ich mein Bachelorstudium erfolgreich im Jahr 2015.

Masterstudium

Anschließend begann ich mein Masterstudium im Fach Chemie ebenfalls an der Universität Innsbruck. Während dieses Studiums entschloss ich mich 2016, aufgrund meiner Französischkenntnisse und der Möglichkeit der Förderung durch das Erasmusprogramm der EU, ein Auslandssemester an der Université de Bordeaux zu absolvieren. Aufgrund der kurzen Vorlaufzeit nach der Bestätigung des Auslandsaufenthaltes durch die Universitäten und den langen Genehmigungsverfahren, musste ich innerhalb nur einer Woche eine ambulante Pflege und Assistenz für Einkäufe etc. organisieren. Zudem lernte ich während dieses Aufenthaltes die Schwierigkeiten für Menschen mit Behinderungen kennen, die ein Umzug in ein anderes Land mit sich bringt, da man sich zurzeit für Nutzung der Rechte als Person mit Behinderung in jedem Land neu begutachten lassen muss – was mehrere Monate dauert. In meinem Fall hätte ich erst kurz vor dem Ende meines Auslandssemesters einen Begutachtungstermin für den französischen Behindertenausweis bekommen. Nichtsdestotrotz war das Auslandssemester eine unbeschreibliche Erfahrung, während der ich sehr viele internationale Kontakte knüpfen konnte, die ich immer noch pflege.

Arbeit

Bild von Michael Sasse im Rollstuhl als Erwachsener

Nach meinem Masterabschluss im Jahr 2018 bewarb ich mich für das „Karriereförderprogramm für begünstigt Behinderte“ der Universität Innsbruck, wodurch ich ab dem Jahr 2019 einen Job als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für analytische Chemie und Radiochemie erhielt. Da ich während der ganzen Zeit „Grenzgänger“ war, habe ich in persönlich den bürokratischen Aufwand und die Hürden miterlebt, die sich trotz der europäischen Regelungen aus diesen Situationen ergeben. An der Universität arbeitete ich bis Anfang des Jahres 2022 und arbeite seitdem als Technischer Projektmanager in einer Unternehmensberatung in München.

Politisches Engagement

Aufgrund meiner persönlichen Situation war ich schon immer sehr früh politisch interessiert, da ich mein Leben lang meist die einzige Person mit Behinderung im Kindergarten, der Schule, der Universität und der Arbeit war. Da ich diese Situation schon immer verbessern wollte, habe ich bereits ab dem Jahr 2014 mehrere Petitionen in das europäische Parlament, den Bundestag und den Landtag eingereicht. Allerdings wurde mir dabei klar, dass nur eine aktive Beteiligung von Betroffenen in einer Partei eine wirkliche Verbesserung der Situation für Menschen mit Behinderungen bewirken kann. Aus diesem Grund bin ich im März 2022 in die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingetreten und habe mich sofort in der Landesarbeitsgemeinschaft Inklusion engagiert. Seit meinem Eintritt wurde ich

  • zum Beisitzer im Vorstand des OV Kiefersfelden gewählt,
  • Bayerischer Delegierter im Bundesdiversitätsrat und
  • Direktkandidat für die Bezirkswahl im Stimmkreis Rosenheim-West (128).

Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung und im Bewusstsein, dass viele Personen mit einer ähnlichen Geschichte entmutigt werden und letztendlich wegen der systematischen Hindernisse und Vorurteile aufgeben, möchte ich mit eurer Unterstützung dafür kämpfen, dass alle Bürger*innen in Europa, Deutschland und Bayern ihre Potentiale ausschöpfen können und wir eine inklusive Gesellschaft bilden, in der niemand ausgeschlossen wird.

Dies wird ein sehr langer und schwieriger Weg, aber zusammen mit euch werden wir dieses Ziel erreichen!

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